Ex-Hertha-Manager jetzt in der 3. Liga: Preetz: „Lieber Duisburg als Saudi-Arabien“

Michael Preetz kämpft mit Duisburg gegen den Abstieg aus der 3. Liga

Michael Preetz kämpft mit Duisburg gegen den Abstieg aus der 3. Liga

Foto: Malte Krudewig
Von: Roberto Lamprecht

Von Sommer 1996 bis Januar 2021 war Michael Preetz (56) fast ein Vierteljahrhundert als Profi und Manager für Hertha BSC tätig. Nach drei Jahren Pause ohne Job ist er seit dem 19. Januar zurück auf der Fußballbühne – in der 3. Liga als alleiniger Geschäftsführer beim MSV Duisburg.

SPORT BILD: Herr Preetz, Ex-Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann ist nach der Entlassung als Nationaltrainer Südkoreas wieder auf dem Trainermarkt. Was müsste passieren, damit Sie ihn nach Duisburg holen?

Michael Preetz (lacht): Da müsste wohl vorher die Welt untergehen ...

Was war für Sie das Hauptargument, freiwillig in die 3. Liga zum damaligen Vorletzten Duisburg zu gehen?

Meine Unruhe und mein Drang, unbedingt wieder arbeiten zu wollen. Die Atmosphäre und der Geruch im Stadion, die Kabine und Interaktion mit Mitarbeitern – das alles hat mir gefehlt, nachdem ich zuvor eine Weile gebraucht hatte, um mich zu erholen und das Kapitel Hertha BSC abzuschließen. Der MSV Duisburg hat monatelang hartnäckig um mich gebuhlt. Dann fiel die Entscheidung. Mit dem MSV habe ich einen richtig tollen Verein vorgefunden.

Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie sich in den drei Jahren gefragt: Warum ruft mich kein Bundesligist an?

Ich hatte in meiner Auszeit Kontakte zu Bundesligisten und gefühlten Bundesligisten, die aber nicht zum Vertragsabschluss geführt haben.

Nach SPORT BILD-Informationen hatten Sie Kontakt zum VfB Stuttgart, bevor Fabian Wohlgemuth verpflichtet wurde, und zu Schalke 04, bevor Marc Wilmots kam. Wie viele Angebote gab es aus dem Ausland?

Es gab Anfragen aus Griechenland, der Türkei (Olympiakos Piräus und Samsunspor; d. Red.) und den USA. Und es gab eine Zeit, in der ich mich intensiver mit Saudi-Arabien auseinandergesetzt habe. Nachdem die Saudis großartige Spieler geholt haben, sind sie nun dabei, die Infrastruktur in den Klubs zu stärken, dafür u. a. auch Sportchefs zu verpflichten. Ein Vermittler war wegen eines Jobs bei mir, es ging um die Flüge und den Austausch vor Ort. Doch meine Familie hat dann ein klares Votum für den MSV abgegeben!

Also lieber MSV Duisburg in der 3. Liga als Saudi-Arabien?

Ja! Die familiäre Situation spielt natürlich eine große Rolle. Meine Lebensgefährtin Kiki lebt und arbeitet in Berlin, mein Sohn Emil ist 13 Jahre und geht dort zur Schule. Meine Mutter Rita ist längst aus Düsseldorf nach Berlin umgezogen. Das spricht alles – wenn man keinen finanziellen Druck hat – gegen einen Wechsel in die weite Ferne.

Wie lukrativ wäre der Job bei den Saudis gewesen?

Er wäre wirtschaftlich nicht zu meinem Schaden gewesen. Aber um mich muss sich keiner Sorgen machen. Ich bin froh, dass ich jetzt wieder in diesem wunderbaren Fußball-Land arbeiten darf, habe auch vom ersten Tag an eine Wohnung in Duisburg bezogen, was alles viel leichter macht. Ich bin durch den Job wieder ein glücklicherer Mensch.

Wie wichtig war das Gehalt bei der Wahl des neuen Jobs?

Das spielte gar keine Rolle.

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Sie wirken sehr gelöst. Hat Ihre Familie diese Veränderung auch bemerkt?

Nachdem mich meine Familie die letzten drei Jahre jeden Tag zu Hause ertragen musste, ist sie vielleicht auch mal ganz froh, dass sie jetzt dort ein bisschen Frieden hat ... Aber Spaß beiseite: Ich habe meinen Sohn mal gefragt, ob Papa wieder einen Verein übernehmen sollte. Er antwortete: „Ich finde schon, weil ich ja will, dass du glücklich bist. Und ich habe das Gefühl, dass du das nur bist, wenn du wieder in deinem Job arbeitest, den du so lange gemacht hast.‘ Und so hat sich das auch zuletzt für Emil und mich angefühlt.

Zu welchem Anlass meinen Sie?

Da waren Emil und Kiki beim 1:0 gegen Viktoria Köln in unserer wunderbaren Schauinsland-­Reisen-Arena. Emil konnte die Atmosphäre mit seinem gelösten Vater richtig genießen. Es war unser erster Heimsieg seit meinem Amtsantritt beim MSV.

Ein Spiel zuvor gab es den ersten Auswärtssieg in Verl – ein 3:1. Da gab es Fotos mit Ihrer Tochter ...

Genau, da war Alica zu Besuch, saß neben mir im Stadion. Emil, Kiki und Alica sind seitdem als Glücksbringer ausgemacht. Vielleicht kommt sogar meine Mutter zum nächsten Heimspiel gegen Dortmund II. Sie hat sich zuletzt extra MagentaTV zugelegt, um alle MSV-Spiele gucken zu können.

Ihre Tochter Alica ist als Model derzeit deutschlandweit auf Litfaßsäulen-Werbung für die Fitnesskette McFIT zu sehen. Verdient Sie schon mehr als der Papa in der 3. Liga?

Alica ist viel mehr als das. Sie modelt heute nur noch nebenbei und temporär. Sie hat sich ihr eigenes Business aufgebaut, ist unternehmerisch selbständig. Sie arbeitet als systemischer Mindset & Manifestation Coach. Sie steht auf eigenen Füßen, verdient schon seit längerer Zeit ihr eigenes Geld. Natürlich bin ich unglaublich stolz auf sie.

Sie haben bis Sommer 2025 unterschrieben. Würden Sie mit Duisburg auch in die 4. Liga gehen?

Ich rede nie über Vertragsinhalte. Ich habe eins im Klub klar hinterlegt: Ich möchte nicht, dass hier irgendjemand über etwas anderes als den Klassenerhalt in dieser Saison redet. Diesem Ziel ordnen wir alles unter. Und ich bin auch hundertprozentig überzeugt, dass wir das schaffen!

Ist die Arbeit in Duisburg nicht eine Nummer zu klein für Sie?

Nein! Grundsätzlich kann man sagen: Die Arbeit in der 1. Liga oder 3. Liga ist inhaltlich fast gleich. Es geht nur um andere Zahlen. Der Wunsch, hier alles zum Guten zu wenden, hat sich in den letzten Wochen nur noch verstärkt. Die Infrastruktur, u. a. mit Trainingsgelände und dem NLZ, das ist gehobener Zweiliga-Standard. Unser Frauenteam ist in der Bundesliga. Unser Stadion ist erstklassig. Das macht Spaß hier!

Macht es Ihnen vielleicht sogar Spaß, auch mit weniger Geld erfinderisch bei Transfers sein zu müssen?

Der Drittliga-Klassenerhalt ist die Basis, damit wir in die Mannschaft investieren können. Dann könnte ich in der nächsten Transferperiode mehr Einfluss nehmen als in der letzten, in der mir kürzlich nur wenige Tage blieben. Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit in Berlin gezeigt haben, dass wir mit wenig Geld herausragend gut umgegangen sind.

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Quelle: Instagram: @msvnormannia08

Dann kam 2019 Lars Windhorst, investierte 374 Mio., Gehalts- und Mannschaftsgefüge zerbrachen. Würde Hertha heute besser dastehen, hätte es Windhorst nie gegeben?

JEIN! Ich würde diese Entscheidung für den Verein immer wieder so treffen. Das hat den Verein nicht nur aus dem Stand schuldenfrei gemacht und im Unternehmenswert auf Platz drei in Deutschland gehoben. Sicherlich haben wir auch Fehler gemacht, beispielsweise im Umgang und der Kommunikation mit dem Investor, bevor es ganz am Ende zum Knall kam.

Michael Preetz und Hertha – ist die Geschichte wirklich beendet, oder gibt es den inneren Wunsch, das Ganze noch mal zum Happy End zu bringen?

Es war eine großartige Zeit. Ein unvollendetes Lebenswerk. Aber das Kapitel ist abgeschlossen.

Auch das mit Klinsmann?

Von allen Hertha-Trainern in meiner Amtszeit war Klinsmann die größte Ernüchterung. Es bleibt dabei, dass ich zu ihm seit seinem legendären Abgang bei Hertha keinen Kontakt hatte. Und auch keinen gesteigerten Bedarf habe, daran etwas zu ändern.

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